Samstag, 23. Januar 2010

Leseprobe aus: Der Säugling


...Das Ehepaar Pullcke stand am Fuß der Treppe zur Begrüßung
seines Büfetts nach dem schwierigen Abstieg. Frau Pullcke hielt in
der rechten Hand mit krampfig ausgespannten Fingern ein Fischglas
mit zwei Goldfischen, einigen Ameiseneiern und einer Blechente
und im linken Arm eine Gipsstatue des Trompeters von
Säckingen, dem sie soeben beim Heruntergehen am Treppenpfeiler
die Trompete aus dem Mund gestoßen hatte....
...Der Transport des Büfetts ging gut bis zum letzten Treppenabsatz,
nur an zwei Stellen war das Treppengeländer eingedrückt worden.
So, jetzt um die Ecke zur letzten Treppe! »Einen Hupp!« riefen
die Transportmänner, und schon entglitt das Büfett ihren schwitzigen
Quadratklammerfäusten und hupste, sich überschlagend, mit
dem Lärm eines Hauseinsturzes und einer Janitscharenmusik allein
die Treppe hinunter und bedeckte wie eine Lawine das unglückliche
Ehepaar Pullcke. Krachen von Brustkörben, Klirren von Gips
und Gläsernem. Nur die beiderseits in Zugstiefeln steckenden vier
Füße schauten unbeschädigt unter dem Büfett her. Der Dackel war
drei Meter länger geworden. Pullckes waren platt wie Spekulatiusfiguren
und mausetot. Die Männer stellten das Büfett auf und rollten
das platte Ehepaar wie Mäntel zusammen und legten es in ein
Schoß des Büfetts. Sie trugen das Prunkstück der Verunglückten
auf die Straße und stellten es zwischen die ausgepackten Möbel der
Neueinziehenden, dann begaben sie sich wieder mit motorisch eingestellter
Bewegung auf die erste Etage, um den Auszug Pullckes
fortzusetzen. Kolonne zwei brachte ihrer Schaltung entsprechend
die Möbel aus Murmels Wohnung und stellte sie in der ersten Etage
auf. Ein langes, mit Rosen geblümtes Sofa stand wildfremd neben
einem grünen Plüschsessel von Pullckes selig. Küllekopps und
Treskes Möbelwagen waren endlich ausgepackt. Die Möbel standen
in wirrem Durcheinander auf der Straße und versperrten den
Fahrdamm....

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